FDP singt das Lied der Verlierer

Schlagwein_Wolfgang_s„Mehr als 4 Prozent Strom aus Erneuerbaren Energien ist nicht möglich.“ Zu lesen war dieser im Gewand eines Naturgesetzes daher kommende Unsinn in einer Zeitungsanzeige Mitte der 90er Jahre, bundesweit geschaltet von den großen Stromkonzernen.

Heute kommen über 25 Prozent unseres Stroms aus Erneuerbaren. Da der alte Unsinn widerlegt ist, behauptet die FDP nun neuen Unsinn: „100 Prozent seien nicht möglich.“

Schauen wir genauer hin: Zwei Konzerne, E.ON und RWE, bilden laut Bundesgerichtshof ein „marktbeherrschendes Duopol“ in der fossil-atomaren Stromerzeugung. In der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien ist es genau umgekehrt. Da krebsen diese „Großen“ bei kaum 5 Prozent Anteil. Tendenz fallend. Strom aus Erneuerbaren Energien erzeugen Landwirte, Eigenheimbesitzer mit PV-Dach, Stadtwerke, Energiegenossenschaften.  2013 waren es 136.000 Mitglieder in 630 Energiegenossenschaften. 2014 ist deren Zahl auf fast 900 gewachsen.

Diese neuen Akteure haben das alte Monopol gebrochen, haben Kapital aus ihren Regionen in ihren Regionen investiert – nicht zuletzt in Klimaschutz. Ganz nach dem Selbsthilfeprinzip des alten Friedrich Wilhelm Raiffeisen, haben sie dem ländlichen Raum wieder eine Perspektive gegeben. Einnahmen aus dezentraler Energieerzeugung setzen Kommunen wieder in die Lage, in die örtliche Daseinsvorsorge zu investieren. Auch in Schwimmbäder, deren Schließung aus Geldnot die FDP scheinheilig bedauert.

Deshalb wollen wir (fast) parteiübergreifend die Energiewende im Kreis Ahrweiler anpacken und gestalten. Viele haben über ein Jahr lang mitgewirkt, das Projekt EnAHRgie auf den Weg zu bringen: Wirtschaftsverbände, Bauern- und Winzerverband, Waldbauern, Umweltverbände, der Solarverein, Kreisjägerschaft, die Eifel-Energiegenossenschaft, Tourismusverbände, Kommunen und Landkreis, Ahrtalwerke und EVM und viele mehr. Wir lassen uns unsere Energiewende nicht, wie es die obrigkeitsstaatliche FDP gerne hätte, von oben diktieren. Nicht von Mainz, nicht von Berlin, nicht von Brüssel. Sehr wohl sind wir für Hilfen, wie die Bundesmittel für EnAHRgie, dankbar.

Mit all diesen Akteuren verbindet eine FDP nichts mehr. Deren Lied singt die FDP nicht. Welches Lied singt sie? Sie singt das Lied der Verlierer der Energiewende. Das Lied der alten Monopole. Das Lied der Bremser, die ihre wegbrechenden Pfründe mit Zähnen und Klauen verteidigen. Der Konzerne, deren überflüssige Kohle-Großkraftwerke jetzt über Wasser gehalten werden. Paradox, wie die FDP als außerparlamentarische Opposition dieses traurige Geschäft einer Großen Koalition betreibt. Offenbar hält die FDP sich immer noch für eine Regierungspartei.

Erschreckend, was der personelle Restbestand der einst großen liberalen Partei von Marktwirtschaft hält. Oder von Bürgerbeteiligung. Denn auch das ist Ziel von EnAHRgie: Bürgerbeteiligung.  Noch erschreckender ist da nur noch die offenbare Distanz der Erben Dahrendorfs zu Wissenschaft und Forschung. Fraunhofer Institut, Deutsches Institut für Urbanistik, FU Berlin, TU Dortmund, IfaS, Uni Stuttgart; Elektrotechniker, Maschinenbauer, Ökonomen, Raumplaner, Mitglieder des Umweltrates der Bundesregierung, ja, zugegeben, auch Sozialpsychologen (wegen der FDP)  – alle Partner im Projekt EnAHRgie – in FDP-Augen arbeitslose „Ideologen“. Sogar unsere Europäische Akademie für Technikfolgenabschätzung mit Sitz in der Kreisstadt, eine Brutstätte für Ideologen? Peinlich.

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