Kreis: Zugausfälle, Verspätungen und Bedienungsqualität des Bahnverkehrs

Offener Brief des Kreistagsfraktionsvorsitzenden Wolfgang Schlagwein an Landrat Jürgen Pföhler

Sehr geehrter Herr Landrat Dr. Pföhler,

in neun Bahnfahrten von und zu meiner Dienststelle zwischen Sinzig und Koblenz in dieser Woche addiere ich jetzt ein Verspätungskontingent von rund vier Stunden. Lediglich drei der neun Fahrten blieben in einem Verspätungsrahmen von unter zehn Minuten. Schon am Montagmorgen mussten wir angesichts gemeldeter Verspätungen und unklarer Situation die Woche mit einer spontanen Not-Fahrgemeinschaft beginnen, um per PKW nach Koblenz zu gelangen.

Heute Morgen fand ich in Sinzig den Regional-Express Richtung Köln (planmäßige Abfahrt gegen 7:40) um 7:50 Uhr auf Ausfahrt wartend vor. Die Bahn meldete zur Begründung für die fehlende Ausfahrt „witterungsbedingte Streckenstörung“.  Der RE fuhr dann gegen 8:30 Uhr ab.
Mein Zug (MRB planmäßig 7:58 Richtung Koblenz) wurde erst mit 10, dann mit 15, schließlich mit 30 Minuten Verspätung gemeldet. Er kam dann mit zirka 40 Minuten Verspätung. Gemeldete Begründung der Bahn: technische Störung an einem vorausfahrenden Zug. Der anschließende Regionalexpress nach Koblenz (planmäßig 8:19 Uhr ab Sinzig) wurde mit gleicher Begründung mit 50 Minuten Verspätung gemeldet.

Die Fahrgäste harrten, sofern sie das Warten nicht aufgaben, mithin eine dreiviertel Stunde in der Kälte am Bahnsteig aus, zweimal zusätzlich aufgefrischt von durchrasenden IC. Der Wartesaal des Sinziger Bahnhofes ist seit Jahren verschlossen.

Nach der Internetauskunft der Bahn zogen sich die Verspätungen den ganzen Vormittag hin, unter anderem wegen „witterungsbedingter Störung im Bahnhof Remagen“ und „technischer Störung an der Strecke bei Emmerich“. Am Mittwoch war der Bahnverkehr wegen einer Störung in einem Kölner Stellwerk komplett zusammengebrochen.
Mehrfach wurden, wie mir andere Fahrgäste berichteten, in der Woche auch alte „Silberlinge“ statt der Doppelstockwagen eingesetzt, ein Indiz für offenbare Probleme mit der Einsatzbereitschaft des Fuhrparks.

In einem der oben genannten drei nicht wesentlich verspäteten Züge waren sämtliche Türen (Außentüren wie Durchgangstüren) eines Wagen einschließlich WC-Türen mit gelben Zetteln (Türe nicht zu öffnen) verklebt.

Dreimal war ich in den vergangenen Monaten darüber hinaus betroffen, wenn die Bahn den Regionalexpress nach Koblenz bei „hoffnungslosen“ Verspätungen in Andernach vom Netz nimmt, vor sich selbst kapituliert und zur Rückfahrt wendet. Selbst das Oberzentrum Koblenz wird so abgehängt, die Fahrgäste werden in diesem Fall „auf nachfolgende Züge“ verwiesen.

Am vergangenen Samstag (12. Januar) musste ich unverrichteter Dinge vom Bahnhof Bad Neuenahr heimkehren, weil die Ahrtalbahn nach Remagen/Bonn komplett ausfiel. Die digitale Zuganzeige am Neuenahrer Bahnhof ist übrigens seit Monaten außer Betrieb. Gelegentlich erhalten Fahrgäste im Stellwerk am Bahnhof auf Nachfrage nach ausbleibenden Zügen die Auskunft, für Auskünfte sei man hier nicht zuständig.

Auf eine Fahrt zum Lucia-Markt in Rech habe ich ebenfalls verzichten müssen: Die Ahrtalbahn war ausgefallen.

Offensichtlich bedarf es auch im Kreis Ahrweiler wieder einmal eskalierender öffentlicher Kritik, um die Bahn zu einer ordnungsgemäßen Durchführung des Verkehrsangebotes anzuhalten und Personal wie Material im dafür notwendigem Umfang vorzuhalten.

Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie als Vertreter des Landkreises und damit des Aufgabenträgers für den ÖPNV beim Schienenpersonen-Zweckverband und bei der Bahn selbst kurzfristig dafür eintreten, dass diese sich für den Rest des Winters nicht völlig verabschiedet und den Verkehr nicht von der Schiene auf die Straße verlagert statt umgekehrt.

Mit freundlichen Grüßen

W.Schlagwein

Print Friendly, PDF & Email