Sinziger Grüne informieren über Entwicklung des einzigartigen Naturschutzgebiets
Im Rahmen der Informationsreihe „betrifft:SINZIG“, organisiert vom Ortsverband Sinzig von Bündnis 90/Die Grünen, fand Mitte November ein gut besuchter Vortrag zur aktuellen Situation des Naturschutzgebiets Ahrmündung statt. Die Biologin und Landschaftsökologin Dr. Ulla Stüßer, die das Gebiet seit mehreren Jahrzehnten naturschutzfachlich begleitet, berichtete vor Ort fundiert über die geologischen, hydrologischen und ökologischen Bedingungen dieses einzigartigen, unverbauten Mündungsgebiets eines Rheinzuflusses, über den heutigen Zustand und über notwendige Schritte für eine nachhaltige Zukunft.
Dr. Stüßer zeigte anhand präziser Kartenaufzeichnungen aus dem frühen 19. Jahrhundert, wie sich der natürliche Verlauf der Ahr historisch verändert hat. Über Jahrzehnte wurde der Fluss abschnittsweise kanalartig begradigt – Entwicklungen, die in jüngerer Zeit durch Rückbauprojekte und natürliche Hochwasserereignisse teilweise wieder rückgängig gemacht wurden. Die Expertin machte deutlich, dass Begradigungen, intensive land- und forstwirtschaftliche Nutzung im Einzugsgebiet, Landschaftsversiegelung sowie der menschengemachte Klimawandel maßgeblich zu den extremen Hochwasserereignissen der vergangenen Jahre beigetragen haben. Maßnahmen wie Entsiegelung, Erhalt und Erweiterung von Retentionsräumen und ein konsequenter natürlicher Hochwasserschutz seien dringend erforderlich. „Es müssen in dieser Richtung dringend und zeitnah noch sehr viele dicke Bretter gebohrt werden“, mahnt Dr. Stüßer und hofft auf eine rasche und effektive Umsetzung notweniger Maßnahmen entlang der gesamten Ahr.
Auch Nutzungsdruck durch Freizeitaktivitäten bereitet Sorge. Ralf Urban, Vertreter der Sinziger Grünen, berichtete, dass insbesondere im Sommer viele Erholungssuchende das Naturschutzgebiet betreten und dabei – häufig aus Unkenntnis – empfindliche Tier- und Pflanzenarten stören, obwohl neue Hinweisschilder klar auf die Schutzbestimmungen aufmerksam machen. Dr. Stüßer bestätigte, dass beispielsweise der Flussregenpfeifer, der offene Kiesflächen zur Brut benötigt, massiv gestört und letztlich verdrängt wird und aufgrund seiner spezifischen Lebensraumansprüche keine Ausweichmöglichkeiten hat. Auch weitere Tierarten leiden unter regelwidriger Freizeitnutzung. „Abhilfe sollen z. B. die Wasserbüffel schaffen, die laut der zuständigen Behörde nach Errichtung der neuen Ahrbrücke dort angesiedelt werden sollen.“ berichtete Urban. Die Hoffnung ist, dass die schiere Anwesenheit diese beeindruckenden aber friedlichen Tiere Ruhe in das Naturschutzgebiet bringen wird, die zuletzt im Mittelalter in der Landwirtschaft eingesetzt wurden und auch gut mit den Bedingungen im Fluss-Vorland zurechtkommen. Trotz der Herausforderungen biete das Naturschutzgebiet großes Potenzial: Bei behutsamer Besucherlenkung könne die Ahrmündung in Zukunft ein attraktives Ziel für naturverträglichen, sanften Tourismus werden. Für Badegäste sollen gleichzeitig neue Badestellen an der Ahr geschaffen werden, sodass Erholung und Naturschutz besser miteinander vereinbar sind.
Die erhaltenen, naturnahen Freiflächen rund um die Ahrmündung sowie flussaufwärts dienen gleichzeitig als wichtige Überflutungsflächen und Retentionsräume und eignen sich daher besonders für einen integrierten Hochwasserschutz.
Zum Abschluss führte die rund 30-köpfige Gruppe einen Spaziergang in das Kiesbett der Ahrmündung durch. Die Beobachtung zahlreicher Wasserorganismen bestätigte die hohe Wasserqualität von Ahr und Rhein und rundete den Vortrag eindrucksvoll ab. Angesichts des großen Interesses ist für das kommende Jahr eine weitere Veranstaltung im Ahrmündungsgebiet vorgesehen.
