Der Kreistag hat am Nürburgring die Reißleine gezogen – aber nur halb

Beim Nürburgring hat der Kreistag Ahrweiler in seiner Sitzung vom gestrigen Freitag, 18. Juni, „die Reißleine gezogen“, wie es die Rhein-Zeitung heute formuliert. Das Gremium beschloss mehrheitlich, dass der Kreis seinem Zehn-Prozent-Anteil an der Nürburgring GmbH weiterhin hält, für die Zukunft aber auf die Ausübung seiner Gesellschafterrechte und auf die Entsendung eines Vertreters in den Aufsichtsrat verzichtet.

Im Gegenzug soll der Kreis von den finanziellen Risiken freigestellt werden. Auch an etwaigen Kapitalerhöhungen nimmt er nicht teil. Wolfgang Schlagwein, Sprecher der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen, hatte gefordert, dass sich der Kreis vollständig von seinem bisherigen Anteil an der Nürburgring GmbH trennt. Ein entsprechender Antrag fand jedoch keine Unterstützung. Der Redebeitrag von Wolfgang Schlagwein im Wortlaut: …

Wenn es eines Beleges bedarf, welche Rolle der Landkreis Ahrweiler in der Nürburgring GmbH noch spielt, ist er nun gegeben. Eine kurzfristig auf den Kopf gestellte Tagesordnung; ein Dringlichkeitsklamauk, Vertragswerke, die uns wenige Stunden vor der Sitzung ins Haus flattern; eine Neustrukturierung, die längst notariell beurkundete ist; eine Nötigung des Kreistages zum Verzicht auf die Ausübung seiner Gesellschafterrechte. Wir sind es satt, ständig nachträglich mit undurchschaubaren Verträgen und Geschäften konfrontiert zu werden, die Andere längst beschlossen haben.

Die Landkreisordnung schließt Eigentum und Beteiligungen eines Landkreises an Hotels, Diskotheken und Grillbuden aus – 1. Verstoß. Sie schließt es erst recht aus, wenn keine Mitsprache- und Einwirkungsmöglichkeit besteht – 2.Verstoß. Der zweite Verstoß ist aber offenbar als Konstrukt erforderlich, um den 1. Verstoß durch juristische Spitzfindigkeiten zu kaschieren. Auf Deutsch: Wir sind als Kreis Miteigentümer von Hotels und Diskotheken, was wir nicht sein dürfen, deshalb sollen wir wegschauen, wenn wir an den Hotels vorbeifahren. Das ist der Geist von Deubel und Kafitz – immer absurdere Konstruktionen, um der Realität zu entfliehen.

Der Gesellschaftszweck der Nürburgring GmbH wurde einseitig durch den Hauptgesellschafter erheblich verändert und erweitert. Darauf können wir nicht anders reagieren als mit einer außerordentlichen Kündigung des Gesellschaftsvertrags. Davon kann und darf uns auch die dezente Drohung mit Haftungs- und Nachschusspflichten nicht abhalten. Wir haben in den vergangenen Jahren, seit dem USA-Abenteuer, immer wieder das Thema Haftung und Nachschusspflicht angesprochen. Jedes mal haben wir uns genervte Zurechtweisungen eingehandelt, eine Haftung des Kreises über das eingebrachte Kapital hinaus sei abwegig. Wenn dem so ist, kann uns das heute nicht in unüberlegte neue Verträge treiben.

Wenn uns zukünftig am Ring etwas nicht passt, können wir hier eine Resolution verabschieden, die entspricht exakt der Rolle, die der Kreistag in den vergangenen Jahren spielte und die er in Zukunft spielen wird. Ein zahnloser dreiköpfiger Beirat, in dem zu allem Überfluss dem einen Vertreter des Landkreises noch zwei Bewacher des Landes zur Seite gestellt werden – nein danke. Wir werden den Leuten draußen in den kommenden Jahren nicht erklären, warum wir zwei Millionen Euro Stammkapital hinterlegt haben, wo wir nichts zu melden haben.

Der Kreistag sollte sich wenigstens jetzt, zum Abpfiff der alten Nürburgring GmbH, nicht noch mal zum Spielball machen lassen, der sich kreuz und quer über den Platz treten lässt. Den Schlussstrich unter die alte GmbH hat der Hauptgesellschafter gezogen – ohne uns. Mit der neuen GmbH haben wir keinen Vertrag.

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