Neue Straßen können kaum noch unterhalten werden

Grüne vehement gegen „Lückenschluss“ der A 1

„Alleine im laufenden Jahr 2013 fehlen für den Unterhalt des deutschen Bundes- und Landesstraßennetzes rund fünf Milliarden Euro. Wenn heute ein Politiker im Gewitter der Fotographen vor einer Wahl eine neue Straße einweiht, so muss ihm oder ihr klar sein, dass die neue Straße in wenigen Jahren kaum noch unterhalten werden kann. Daher sollte eine vernünftige Verkehrspolitik auf den Erhalt des Bestehenden setzen, um eine Verschlechterung des gesamten deutschen Straßenbestandes zu verhindern. Wer dem Neubau an Stelle des Unterhalts Vorrang gibt, bremst auch das Wirtschaftswachstum und die Beschäftigung im Lande aus“. Dies sind die Kernaussagen des Vortrags der Grünen-Verkehrspolitikerin und Mitglieds im Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages, Dr. Valerie Wilms, am Sonntag auf Einladung der Remagener Grünen.
Frau Wilms, die kurzfristig ihren Kollegen Stefan Kühn vertrat, ist ausgewiesene Verkehrsexpertin und ihr langer Anreiseweg aus Schleswig-Holstein nach Remagen hat sich nach Einschätzung der Grünen-Fraktion im Stadtrat sehr gelohnt. „Eine Rheinbrücke in Remagen, die die letzten Reste der Goldenen Meile beziehungsweise das Naturschutzgebiet Untere Ahr durchschneiden könnte, wird es definitiv nicht geben, auch wenn sich dieser Unsinn noch im Bundesverkehrswegeplan befindet. Anders sieht es mit dem angeblichen ’Lückenschluss’ der A 1 aus, die zwar nicht benötigt wird, hinter der aber eine einflussreiche Bau- und Autolobby steht“, so die Grünen-Vertreterin in der gut besuchten Veranstaltung in der Casa Antonio Lopez.

Der Ball liege nun bei der Landesregierung, die das Vorhaben durchaus noch ausbremsen und damit einen ökologischen und wirtschaftlichen Wahnsinn verhindern könnte. An Stelle einer Autobahn würde eine Bundesstraße mit dritter Überholspur angesichts des festgestellten Verkehrsaufkommens völlig ausreichen, die Kosten hierfür betrügen nicht einmal ein Drittel dessen, was die Autobahn kosten müsste.

Was den Rückbau der B 9 in Remagen zwischen Jahntunnel und Südeinfahrt betrifft, zeigte sich Valerie Wilms dagegen optimistisch. Hier sehe es mit dem Kosten-Nutzenverhältnis völlig anders aus. Zudem gibt es eine intelligente Lösung, die Raser zukünftig ausbremst und einen Beitrag zum Lärmschutz in der Römerstadt leisten könnte. Als Sofortmaßnahmen gegen den Straßenverkehrslärm in Rolandswerth, Rolandseck und Remagen-Stadt sah die Referentin eine schnelle Durchsetzung des theoretisch bereits bestehenden Schwer-LKW-Durchfahrtverbots durch Remagen. Zudem sei es möglich, für LKW eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km in der Stunde zu verordnen.

Bester Beitrag gegen den nächtlichen LKW-Verkehr sei allerdings die Aufnahme der B 9 in das deutsche Mautsystem.
MdB Wilms, die zuvor mit Grünen-Fraktionssprecher Frank Bliss die wesentlichen Problemorte des Verkehrs in Remagen abgefahren hatte, warnte schließlich vor einer zu optimistischen Erwartung, was das Thema Bahnlärmreduzierung beträfe. „Hier ist ein Austausch der veralteten Güterwagons bisher kaum erfolgt und ob die geplanten neuen leiseren Bremssysteme zugelassen werden, steht in den Sternen.“

Kurzfristig sei leider auf bauliche Schutzmaßnahmen zurückzugreifen. Hierzu würden die Grünen in den nächsten Wochen ein Konzept vorlegen, dass das bisherige freiwillige Programm der Bahn AG in Höhe von gerade einmal 100 Millionen Euro für ganz Deutschland durch eine Pflicht zur Investition in die Lärmreduzierung ersetzen sollte. „Dann kann die Bahn nicht mehr nur freiwillig das Geld aufbringen, das ihr nach dem Debakel um ‚Stuttgart 21’ übrig bleibt, sondern sie muss dort zahlen, wo es notwendig ist. Hiervon wird Oberwinter als erstes profitieren und auch im Remagener Stadtgebiet sind eine Reihe von Schutzmaßnahmen denkbar“, so die Referentin, die allerdings langfristig eine Verlegung des Güterverkehrs aus dem Rheintal befürwortete.

In der anschließenden Diskussion meldeten sich Vertreter der Umweltverbände, Grünen-Vertreter unter anderem aus dem oberen Ahrkreis sowie interessierte Bürgerinnen und Bürger umfassend zu Wort. Gastgeber Antonio Lopez verwies Gäste und Öffentlichkeit auf die nächste Veranstaltung der Grünen, die am Dienstag, den 12. März um 19 Uhr das Thema „Remagen 2030 – Stadtplanung angesichts des demographischen Wandels“ zum Gegenstand haben wird.

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