Braunkohle: Nein Danke!

Grüne besuchen Tagebau rund um Hambach und Garzweiler

Wer hätte es gedacht: alle Atomkraftwerke sind abgeschaltet, und niemand steht im Dunkeln. Als nächstes könnten nach und nach die über 40 Jahre alten Braunkohlekraftwerke vom Netz gehen. Längst können die Erneuerbaren Energien auch das Verbrennen von Kohle ersetzen. Doch jetzt bremst die Große Koalition die Energiewende und gibt RWE Bestandsgarantien für seine längst abgeschriebenen Kohlekraftwerke. Die Folgen für Menschen und Natur, Klima und Landschaft zeigen sich kaum eine Autostunde entfernt im rheinischen Braunkohletagebau. Dorthin hatte der Ahrweiler Kreisverband der Grünen zu einem Tagesbesuch eingeladen.

FotoSamstagnachmittag in Immerath. Auf den Straßen weder Autos noch Menschen, nur eine kleine Gruppe von durchreisenden Besuchern. Die Grünen aus dem Kreis Ahrweiler haben zu einer Informationsfahrt zum Braunkohletagebau eingeladen. Wenige Tage zuvor hat Bundeswirtschaftsminister Gabriel in Berlin sein wahres Kohlegesicht gezeigt und eine Bestandsgarantie für die deutschen Kohlekraftwerke verkündet.

Was die Grüne Landtagsabgeordnete Gudrun Zentis ihren Gästen von der Ahr in den nächsten Stunden nun zeigt, sind bedrückend Bilder von den Folgen des Kohleabbaus. Schief hängende Rolladen in den Fensterhöhlen. Vernagelte Haustüren, eine verlassene Schule. Immerath ist eine Geisterstadt. Aus der Pfarrkirche St. Lambertus wurden zum Jahresanfang alle sechs Glocken entfernt. Die mächtige neuromanische Kirche mit ihren fast 70 Meter hohen Doppeltürmen wird wartet auf ihren Abriß. Selbst der Friedhof wird verschwinden, so wie ganz Immerath für immer verschwinden wird, und wie viele Orte im rheinischen Braunkohlerevier bereits verschwunden sind. Verschwunden für ein fast 200 m tiefes Loch, das sich von Osten her an Immerath heran frißt. Mit 200 Metern ist dieser Tagebau „Garzweiler“ aber noch „klein“. Weiter südlich liegt die Sohle des Tagebaus „Hambach“ über 400 Meter tief. Die höchsten Windräder würden zweimal übereinander hineinpassen, fast. Am Rand der Grube steht vom Hambacher Forst, einst ein alter, über 5000 Hektar großer Wald mit mehrhundertjährigen Eichen und Buchen, nur noch ein kleiner Rest. Auch seine letzten Bäume werden noch gefällt. Überall zu sehen: Hunderte von Pumpstationen, die rund um die Uhr Millionen Kubikmeter Wasser aus dem gesamten Revier abpumpen.

Die Fahrt geht am denkmalgeschützten Haus Palant vorbei. Auch die 400 Jahre alte Wasserburg muss, Denkmal hin oder her, dem Tagebau weichen. Mitglieder örtlicher Initiativen, die die Grünen aus dem Ahrkreis begleiten, schildern immer wieder eindringlich, wie sich der Tagebau nicht nur durch die rheinische Landschaft, sondern auch das Leben der Menschen hier frißt. schildern den oft jahrzehntelangen Kampf ums Bleiben, ums eigene Haus, den eigenen Garten, um am Ende dann doch vertrieben zu werden. An vielen Gebäuden sind Setzungen sichtbar. Doch die Bergschäden werden nicht mehr repariert. Es lohnt nicht, weil man ohnehin bald weg muss.

Rund um den Horizont stehen den ganzen Tag die Wolken der Kohlekraftwerke von RWE, die meisten 40 Jahre und älter. Der Dampf zeigt das ganze Ausmaß der Energieverschwendung: gerade mal ein Drittel der in der Kohle enthaltenen Energie kommt als Strom bei den Verbrauchern an. Der Rest heizt ungenutzt die Atmosphäre oder geht beim Stromtransport verloren.

Das macht man an der Ahr längst besser. Mit ihrer Kraft-Wärme-Kopplung sind die Ahrtalwerke viel effizienter, weil sie die Abwärme ihrer Stromerzeugung für ihre Nahwärme nutzen. Trotzdem durfte RWE in den vergangenen Jahren mehr und mehr Strom aus Braunkohle erzeugen – nicht nur ineffizient, sondern völlig überflüssig: Deutschland exportiert immer mehr schmutzigen Braunkohlestrom in seine Nachbarländer. Eine verkehrte Welt, in der die Große Koalition die Erneuerbaren Energien deckelt und den fossilen Kohle-Dreckschleudern Bestandsschutz gibt.

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