Windkraftpotentiale in Sinzig: Waldbegehung im Harterscheid

Die Stadtverwaltung Sinzig hatte die Öffentlichkeit zu einer Waldbegehung in den Harterscheid eingeladen. Foto: privat
Die Stadtverwaltung Sinzig hatte die Öffentlichkeit zu einer Waldbegehung in den Harterscheid eingeladen. Foto: privat

Der Sinziger Ortsverband von Bündnis 90/Die Grünen spricht sich unter Einhaltung der Abstandsregeln und unter einer kritischen Abwägung zwischen den Belangen des Naturschutzes und des Klimaschutzes für eine lokale Nutzung der Windkraftpotentiale aus.

Selten betreffen Entscheidungen in einem Stadtrat grundsätzliche existentielle Fragen einer Gesellschaft. Bei der Frage nach dem Aufbau von Windenergieanlagen trifft dies jedoch zu. Die von der Stadtverwaltung Sinzig organisierte Waldbegehung im Harterscheid hat dies nochmals sehr deutlich vor Augen geführt. Es wird viel Leidenschaft und Zeit auf den Schutz des Waldes und in Fragen des ästhetischen Landschaftsbildes investiert. All diese Fragen sind verständlich, doch sollte man sich bewusst machen, dass die Gefahr besteht, die zu Grunde liegenden existentiellen Herausforderungen zu übersehen.

Der Klimawandel findet jetzt statt und er gefährdet die Lebensqualität und die Lebensbedingungen der nachfolgenden Generationen. Ursache ist unstrittig die Verbrennung fossiler Rohstoffe zur Energiegewinnung. Diese Rohstoffe machen abhängig von mörderischen Diktaturen. Putins Krieg in der Ukraine wird auch durch die Abhängigkeit von russischer Energie finanziert. Der aktuelle Bericht des internationalen Klimarates spricht eine klare Sprache. Unverzügliches Handeln ist erforderlich, der Klimawandel findet statt. Er kann nicht mehr verhindert, sondern höchstens abgemildert werden. Die Klimaschutzmanagerin der Stadt Sinzig hat dies prägnant auf den Punkt gebracht „Klimaschutz ist der beste Waldschutz“.

Das Sankt-Florians-Prinzip hilft nicht weiter, denn mit dem Klimaschutz verhält es sich wie mit der Demokratie: Ohne Engagement der Bürger*innen vor Ort verkümmern beide und sterben wie unsere Fichten. Vielmehr sollte jetzt Verantwortung für die Zukunft der Kinder und Enkel übernommen und ein Beitrag lokal geleistet werden, um den Klimawandel so früh wie möglich aufzuhalten.

In Deutschland hat Windkraft die größten Potentiale. Auch nachts und im Winter wird Strom erzeugt. Während Photovoltaik generell viel Sympathie genießt, wecken Windenergieanlagen in ihrer Größe und Sichtbarkeit zwiespältige Gefühle und haben das Potential, tiefe Gräben in lokalen Gemeinschaften zu erzeugen. Es ist deshalb wichtig, alle Argumente für und wider offen zu diskutieren und ernsthaft zu bewerten, dabei aber die Maßstäbe der Argumente nicht aus den Augen zu verlieren.

Die von der Stadtverwaltung Sinzig organisierte Waldbegehung war hierzu ein guter Beitrag. Fünf Anlagen, die für Sinzig in der Diskussion sind, erzeugen pro Jahr 60.000 Megawattstunden Strom und versorgen damit 15.000 Haushalte. Produziert aus fossilen Energieträgern würde das pro Jahr ungefähr 20.000 Tonnen Kohlendioxid-Emission erzeugen. Für die Windenergieanlagen müssten in Sinzig etwa fünf Hektar Wald gerodet werden. Das entspricht etwa 0,03 Prozent des gesamten Waldes im Stadtgebiet. Eine solche Fläche bindet unter optimalen Bedingungen etwa 50 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr. Das zeigt: die Klimabilanz der WEA ist positiv. Zudem erzeugen die WEA die für Bau, Betrieb und Entsorgung notwendige Energie innerhalb weniger Monate selbst.

Mit den aktuell geltenden Abstandsregelungen gibt es in Sinzig nur im Harterscheid ein Potential für Windenergieanlagen. Für Anlagen in Waldgebieten gelten strenge Schutzregelungen für alte Laubwaldbestände. Der vollständige Rückbau ist geregelt und auch das Fundament wird komplett entsorgt. Dies ermöglicht es, nach der durchschnittlichen Lebensdauer von circa 17 bis 20 Jahren, die Situation neu zu bewerten und gegebenenfalls dort den Wald wiederherzustellen. Anwohner- und Naturschutz sind klar geregelt. Geräuschemission und Schattenwurf unterliegen im Genehmigungsverfahren harten Begrenzungen. Mindestabstandsregelungen zur Wohnbebauung sorgen für weitere Sicherheit.

Das ästhetische Problem bleibt. Es muss niemand Windkraftanlagen schön finden. Der Ästhetik steht jedoch ein existentielles Problem gegenüber. Wenn Lebensstandard und Laubwälder erhalten werden sollen, dann sollte jede Kommune alle Potentiale für erneuerbare Energien nutzen. Klimaschutz und Waldschutz sind die besten Investitionen in die Zukunft. Wenn das Ahrtal klimaneutral werden soll, dann erfordert das die Nutzung der Windkraftpotentiale.

Die Entscheider*innen sollten Verantwortung für die Zukunft der Kinder und Enkel übernehmen und ihren Beitrag lokal leisten, um den Klimawandel so gering wie möglich zu halten. Die Entscheidung sollte auf der Basis von Fakten getroffen werden. Damit diese für alle sichtbar werden, ist es notwendig, das Umweltverträglichkeitsverfahren am 5. Mai im Stadtrat zu beauftragen.

Bündnis 90/Die Grünen Ortsverband Sinzig

Quellen:

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