Rentner und Krankenversicherte zahlen die „Schwarze Null“ im Bundeshaushalt

Grünen-Finanzexperte Tobias Lindner in Remagen

Die Renten sind auf absehbare Zeit in Deutschland sicher, auch wenn sie wegen der Wahlgeschenke der Großen Koalition in den nächsten Jahren weniger erhöht werden, als es aus den gut fließenden Beiträgen der Arbeitnehmer möglich wäre. Dagegen ist die „schwarze Null“ im Bundeshaushalt eine Luftnummer, da durch fehlende Gelder für Investitionen Ausgaben einfach in die Zukunft verschoben werden. „Sollten wir Grüne 2018 in Berlin wieder mit an die Regierung kommen, so müssten wir erst einmal Milliarden Euro zusätzlich für den Unterhalt von Schulen, Brücken, Straßen und anderer Infrastruktur ausgeben, weil Herr Schäuble heute seinen angeblichen Null-Schuldenhaushalt für 2015 vorlegt“, so der Grünen-Bundestagsabgeordnete Tobias Lindner am Sonntag in Remagen.

Es fehlen 10 Milliarden Euro im Jahr

Lindner 2Lindner, der Obmann seiner Partei im Haushaltsausschuss des Bundestages ist und dort auch als Berichterstatter für die Ressorts Verteidigung, Auswärtiges Amt und das Justiz- und Verbraucherschutzministerium fungiert, legte als Gast der Remagener Grünen in einem hochkarätigen und doch verständlichen Vortrag dar, wie es wirklich um die Finanzen in Deutschland bestellt ist. So gäbe es kaum ein Land in Europa, das so wenig Geld etwa für Bildung und den Erhalt seiner Infrastruktur ausgebe wie eben Deutschland. Dabei seien beide Bereiche das entscheidende Kapital des Wirtschaftsstandortes Bundesrepublik Deutschland. Insgesamt fehlten pro Jahr rund 10 Milliarden Euro alleine für den Erhalt von Gebäuden und Straßen. Ein weiteres Problem des Bundeshauhaltes sei, dass selbst innerhalb der Berliner Koalition strittige Vorhaben wie die Mütterrente oder die Rente mit 63 nicht mit Steuermitteln, sondern durch die Beitragspflichtigen bezahlt werden müssten. „Das Schließen möglicher Gerechtigkeitslücken bei der Rentenpolitik ist vielleicht richtig, aber dann darf dies nicht auf Kosten der zukünftigen Renten der heute jüngeren Generation gehen“, so der Grünen-Sprecher.
Auch die für 2015 angekündigten Zusatzbeiträge der Krankenkassen seien das Ergebnis des angeblich Null-Verschuldungshaushaltes. Wenn aufgrund willkürlicher Entscheidungen weniger Geld aus Steuermitteln in das Gesundheitssystem fließen, dann ist es leicht, von Haushaltseinsparungen zu sprechen. Diese betrügen 2015 im Vergleich zu 2014 sowieso nur etwa ein einziges Prozent. Die Folge würden deutliche Steuererhöhungen in drei Jahren, natürlich nach der nächsten Bundestagswahl sein.

Investitionen gegen Jugendarbeitslosigkeit

Entwarnung konnte Tobias Lindner mit Blick auf die Gefahren für den Euro und damit die Sparer in Deutschland geben. Die Maßnahmen der Europäischen Zentralbank hätten bisher gewirkt und die Geldspekulation gegen den Euro stark eingedämmt. Irland und Portugal seien auf einem guten Wege, ihre Wirtschaft zu stabilisieren. Probleme bereiteten eher weiterhin Griechenland und zunehmend auch Spanien. Langsam aber deutlich voran käme auch die Sicherung des europäischen Bankensektors. Im Gegensatz zu Deutschland, wo praktisch Vollbeschäftigung herrsche, sei dagegen vor allem die hohe Jugendarbeitslosigkeit in einigen Ländern ein erhebliches Problem. Vor allem diese Jugendarbeitslosigkeit habe die EU-Kommission zur Auflegung eines langfristigen Investitionsprogramms veranlasst, das allerdings aus Grünen-Sicht vor allem durch Einsparungen u.a. bei den unsinnigen europäischen Agrarsubventionen finanziert werden sollte. Auch wolle die EU stärker in die Ausbildung Jugendlicher investieren, wobei das deutsche Duale-System Pate stünde.

P1240192In der anschließenden Diskussion kam auch das Thema „Inflation“ auf. Auch hier konnte der Grünen-Sprecher die Zuhörer beruhigen. So sei derzeit in einigen europäischen Ländern eher das Gegenteil der Fall. Hier würden die Preise sogar sinken mit der Folge, dass die Käufer in der Hoffnung auf zukünftig noch mehr sinkende Preise derzeit Einkäufe verschöben. Dies habe Einbrüche in der Wirtschaft zur Folge sowie Zunahme der Arbeitslosigkeit. Deutschland, das angesichts seiner historischen Erfahrungen nichts mehr als eine Inflation fürchten würde, könne auch für die Zukunft beruhigt sein, da die europäischen Zentralbank auf eine Preissteigerungsgrenze von höchstens 2% im jahr als Zielvorgabe verpflichtet sei.
Grünen-Fraktionssprecher Frank Bliss dankte im Namen der Gäste Tobias Lindner für seinen informativen Vortrag. Im Anschluss führte Stadtratsmitglied Volker Thehos den Bundestagsabgeordneten über den Remagener Nikolausmarkt, wo es auch zu Gesprächen mit anderen Mitgliedern von „Remagen mag ich“ kam. Wie schon zuvor andere Gäste aus der „Berliner Politik“ zeigte sich Lindner beeindruckt von den Entwicklungen in der Römerstadt vor allem in Sachen Kunst und Kultur und versprach, auch 2015 Remagen wieder auf die Besuchsliste zu setzen.

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