Gutachten zur kommunalen Gebietsreform

„Die CDU will den Kreis ins digitale Zeitalter führen – aber die Welt  um die CDU herum darf sich nicht verändern. Auch nicht die Strukturen der kommunalen Verwaltung, die noch aus dem analogen Zeitalter kommen.“

Redebeitrag von Fraktionssprecher Wolfgang Schlagwein in der Sitzung des Ahrweiler Kreistages am 14.12.2019

„ich wundere mich immer noch über den Titel „Beschlußvorschlag“ im Antrag von SPD und CDU. Entweder haben sich SPD und CDU beim Schreiben für den Landrat gehalten, oder der Landrat hat, der Antrag wurde ja per mail von der Kreisverwaltung versandt, aus Gewohnheit „Beschlußvorschlag“ formuliert, als er den Antrag für SPD und CDU formuliert hat. In meinem ersten Leben, vor dem Leben als Kommunalpolitiker, war ich Fußballspieler. Als solcher habe ich die Gegend um Mayen in unguter Erinnerung. Ich erinnere mich, dass wir bei Auswärtsspielen dort die Autos immer in Fluchtrichtung geparkt haben. Insofern habe ich auch einen ersten Reflex verspürt, als das fragliche Gutachten aufschlug.

Nun stehe ich hier aber nicht als Fußballspieler, sondern, wie meine Fraktionskolleginnen und –kollegen auch, als in Fragen der kommunalen Selbstverwaltung verantwortliche Kreistagsmitglieder.  Als solche entscheiden wir nicht reflexhaft, obwohl das manchmal schwerfällt, sondern mit Bedacht. Mit Bedacht lese ich ihnen nun aus einem Antrag der CDU-Landtagsfraktion 2015 vor. Der Antrag beginnt wie folgt:

„Auf Initiative der CDU-Landtagsfraktion haben die im Landtag vertretenen Parteien und die Landesregierung nach zahlreichen Verhandlungen beschlossen, ein Gutachten in Auftrag zu geben, auf dessen Grundlage eine Kommunal- und Verwaltungsreform aus einem Guß entwickelt werden kann.“… „eines Gutachtens für eine künftige ganzheitliche Reform“, es ging also um einen „ganzheitlichen Entwurf, der beispielsweise auch die Kreise mit einschließt.“

Wir stellen fest: das Gutachten geht auf Initiative der CDU zurück. Wir Ich stellen weiter fest: Die CDU RLP handelt nicht aus einem Guß, und wenn es nach dieser CDU geht, wird das jetzt keine Kommunalreform mehr aus einem Guß. Teile der CDU distanzieren sich schon vom eigenen Gutachten, kaum dass es aus dem Backofen gekommen ist. Es ist ihnen zu heiß, und statt es abkühlen zu lassen, befördern sie es mit spitzen Fingern in den nächstbesten Abfalleimer. Wahrscheinlich in die Papiertonne, da wird es ja vergütet.

Anders die FDP – jedenfalls die im Landtag: „Erkenntnisse breit und ergebnissoffen diskutieren“, heißt es in einer Pressemitteilung vom 6.12.2018.  Die Ahrkreis-FDP ist offenbar wieder mal ganz anders unterwegs als ihr Landesverband.

Wir erinnern uns gut, wie die CDU im Landtag gegen die Landesenergieagentur Sturm lief und sie komplett auflösen wollte. Als dann aber eine Außenstelle in Ahrweiler mit Koblenz zusammengelegt wurde, da weinte die CDU im Kreisausschuß dann Tränen, man nennt solche auch Krokodiltränen.

Christoph Schmitt hat am Montag im Kreisausschuss den Antrag von CDU und SPD zu begründen versucht: es handele sich nur um einen Entwurf, dann hat er sich korrigiert: nur um ein Gutachten. Damit hat er aber nun eher nicht den eigenen Antrag begründet, sondern eher eine Ablehnung dieses Antrages: Es handelt sich nämlich in der Tat nur um ein Gutachten und nicht etwa den Entwurf eines Gesetzes, schon gar nicht für eine Zwangsfusion.

Wir Grüne nehmen uns daher die Zeit, das Gutachten in Ruhe zu diskutieren, vor allem an der Diskussion um die weitere Entwicklung einer Gebietsreform teilzunehmen, wie immer sie aussehen mag.

Herr Landrat, Sie haben in ihrer Grundsatzrede heute viel Richtiges zu den Verflechtungen unseres Kreises nach Norden gesagt. Konsequenterweise haben Sie sich ja zu Beginn ihrer Amtszeit auch sehr für eine Fusion der KSK Ahrweiler mit der Sparkasse Bonn eingesetzt. Soviel zu den wechselnden Sichtweisen auf Fusionen. Wir können ihre Gedanken aber gerne aufgreifen und die Debatte auch nach Norden ausweiten.

Sie haben, Herr Landrat, die Digitalisierung angesprochen. Die CDU wird ja im weiteren Sitzungsverlauf noch per Antrag an Dritte appellieren, Leerrohre für Glasfaserkabel zu verlegen. Wenn auch nur mit leeren Rohren, aber immerhin: die CDU will in die digitale Welt aufbrechen. Gleichzeitig darf sich die Welt  um die CDU herum aber nicht verändern, auch nicht die Strukturen der kommunalen Verwaltung, die noch aus dem analogen Zeitalter kommen. Und so sieht der Landrat, Digitalisierung zum Trotz,  uns alle in der Zukunft dann ganz analog zu einer Kreisverwaltung in Koblenz fahren. Mit der von Ihnen immer wieder gerne angeführten Außenstelle der Kreisverwaltung in  Niederzissen zeigen sie aber doch gerade, wie bürgernahe Angebote einer Verwaltung möglich sind, deren „Zentrale“ sich ganz woanders befindet.

Im Übrigen haben Sie etwas zum Beteiligungsprozess gesagt. Im Gutachten heißt es, die Reform solle nicht als von oben angestoßen, sondern auch als von unten konzipiert „wahrgenommen“ werden. Da können wir uns treffen: Die Grünen möchten nicht, dass sie als von unten konzipiert nicht nur wahrgenommen wird, sondern von unten mitgestaltet wird!

Die Kreisstadt wird 2019 das 50 jährige Jubiläum der Zwangsfusion von Bad Neuenahr und Ahrweiler feiern. Genug Geld für die Feierlichkeiten ist schon im Haushalt veranschlagt, sicher wird auch der Landrat in der ersten Reihe der Festakte stehen, zusammen mit vielen CDU-Honoratioren, von denen einige vor 50 Jahren ob der Fusion im Kriegsmodus waren, wenn auch nur im Fahnenkriegsmodus.

Zum Schluß betone ich nochmals: niemand hat von unserer  Fraktion oder mir ein einziges Wort für eine Fusion gehört. Wir stehen, wie sie selbst sagen, am Anfang eines Prozesses.

Sie dagegen wollen ihn schon wieder beenden, kaum dass er angefangen hat.“

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