Gemeindeentwicklungskonzept Grafschaft – ein Hauch von Nostalgie

Gemeindeentwicklung ohne Aussagen zum Klimaschutz? Nein Danke!
Gemeindeentwicklung ohne Aussagen zum Klimaschutz? Nein Danke!

Alles war mal gut, aber leider ist es das nicht mehr.

Wer das jetzt vorliegende Gemeindeentwicklungskonzept liest, der dürfte darin einen Hauch von Nostalgie finden und sich an Zeiten erinnert fühlen, als die Welt noch halbwegs in Ordnung war. Als noch niemand mit einer Flutkatastrophe rechnete, mit einer Corona-Pandemie, die die Wirtschaft, die Arbeitswelt und das soziale Leben völlig auf den Kopf stellte, mit einem Krieg in der Ukraine, der eine Energiekrise durch den Totalausfall der Gasversorgung aus Russland befürchten ließ, mit einer ebenso dadurch verursachten extremen Inflations-Entwicklung, und nicht zuletzt mit einem völlig veränderten gesellschaftlichen Blick auf einen kaum noch zu verhindernden Klimawandel, der weite Teile der Erde zu vernichten droht.

All das war noch nicht absehbar, als das jetzt vorgelegte Gemeindeentwicklungskonzept in den Grundzügen entstanden ist.

Basierend auf Ergebnissen einer Telefonbefragung der Bürger aus dem Jahr 2016 und einer Bürgerbeteiligung an einem Online-Portal im Jahr 2017 wurden erste Visionen von Entwicklungs-Szenarien im 2018 vorgestellt. Aus diesen Visionen entstand dann das aktuell vorgelegte Konzept, zu dem erneut die Bürgerinnen und Bürger jetzt ihre Meinungen und Anregungen abgeben dürfen.

Aber während die meisten Parteien mittlerweile die Wende hin zu Erneuerbarer Energie mehr oder weniger ernsthaft in ihren Köpfen / Koalitionsvereinbarungen verankert haben und die Bevölkerung größtenteils am Kampf gegen den Klimawandel teilnimmt und sich ernsthaft Gedanken über die Ursache von Naturkatastrophen macht, führt das Gemeindeentwicklungskonzept die alten Fehler fort und schlägt kuriose Dinge vor: Dieses Dokument ist in der vorliegenden Fassung nämlich

  • eine Werbebroschüre für zusätzliche Versiegelungsprojekte (Gewerbeansiedlungen und Umgehungsstraßen)
  • eine Einladung zur Schaffung von mehr Individualverkehr (Umgehungsstraßen)
  • eine Werbebroschüre für den Bau eines neuen zentralen Nahversorgungszentrums im Innovationspark (ein Widerspruch in sich)
  • eine „Futterneidkampagne“ wegen des Kaufkraftabflusses aus der Grafschaft in angrenzende Kommunen (was ist an diesem Kaufkraftabfluss so schrecklich?)
  • eine Dokumentation von Gier der Gemeinde nach zusätzlichen Gewerbesteuereinnahmen (kriegen wir den Hals nicht voll, reicht ein Haribo nicht?)
  • ein ökologisches Denkmodell, das den gesellschaftlichen und politischen Wandel der Einstellung zu den Folgen des Klimawandels komplett vernachlässigt
  • ein Nachweis, dass die Auftraggeber und -auftragnehmer des Konzepts aus den Ereignissen seit 2017 nichts gelernt haben

Und was wird zum zentralen Thema Klimaschutz gesagt? In der Aufgabenstellung, in der Zielsetzung und der Beschreibung der Zukunftsszenarien ist davon überhaupt keine Rede. Unter Punkt 4.4.2.3 wird eher versteckt angekündigt, dass zum Thema Klimaschutz und Klimaanpassung Prüfungen erfolgen sollen, das ist uns als Zukunftskonzept viel zu unverbindlich und das wird der Bedeutung des Problems nicht gerecht.

Das Gemeindeentwicklungskonzept wird de facto die Richtung aufzeigen, wie sich die Grafschaft in den nächsten 15 Jahren entwickeln soll. Was mit diesem Konzept zementiert wird, das wird für viele Jahre das Feigenblatt / die Rechtfertigung für politische Entscheidungen sein.

Die Grünen in der Grafschaft fordern, dass in diesem Konzept alles getan wird, um die Klimaziele in RLP und im Bund und in der EU zu erreichen – für eine lebenswerte Zukunft, in sozialem Frieden. Wir können die Welt zwar nicht alleine retten, aber wir können alle mit dazu beitragen, sie vor weiterer Vernichtung zu schützen.

Das sind wir unseren Kindern und Enkeln schuldig.

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