Das Gemeindeentwicklungskonzept der Grafschaft: Ein klimapolitischer Offenbarungseid

Gemeindeentwicklung ohne Aussagen zum Klimaschutz? Nein Danke!
Gemeindeentwicklung ohne Aussagen zum Klimaschutz? Nein Danke!

Einen denkwürdigen Beschluss hat der Gemeinderat am 08.11.2023 gefasst.

Auf der Tagesordnung stand als Punkt 12 das Gemeindeentwicklungskonzept zur abschließenden Beratung und zum Beschluss. Dabei bezog man sich auf ein Ergebnis der Bürgerbeteiligung.

Hierzu muss man wissen, dass der Prozess der Bürgerbeteiligung im Jahr 2016 begann und die Ergebnisse aus dem Jahr 2017 stammen. Danach hat sich die Welt dramatisch verändert. Corona, Flutkatastrophe, auch Hochwasser in der Grafschaft, Ukrainekrieg, Energiekrise, weltweite Aktivitäten zur Bekämpfung des Klimawandels, jetzt auch noch Migrationswellen in Folge weiterer Unruhe- und Kriegsgebiete gebieten ein Umdenken. Ergebnisse sind beispielsweise weltweite politische Vorgaben zur Reduzierung der CO2-Ausstosses und offensives Umschwenken auf Erneuerbare Energie.

Die Wissenschaft und auch die Industrie tun viel, um den Klimawandel zu stoppen.

Nur das kleine gallische Dorf im Ahrtal namens Grafschaft macht so weiter als wäre nichts passiert – nachzulesen im Gemeinderatsbeschluss vom 08.11.2023.

Punkt 1 des Beschlusses: Die Auswertung und Zusammenfassung der Bürgerbeteiligung werden zur Kenntnis genommen.

Mitte 2022 wurde das Ergebnis der Bürgerbefragung aus 2017 der Bevölkerung im Rahmen eines Bürgerforums präsentiert. Danach wurde den Bürgerinnen und Bürgern bis April 2023 Zeit eingeräumt, sich zu dem Ergebnis zu äußern. Vermutlich konnten viele unter dem Eindruck der vielen Krisen damit nicht mehr viel anfangen, denn diese Bürgerbeteiligung hat am Ende ganze 64 Stellungnahmen von Bürgerinnen und Bürgern ergeben. Teilnahmeberechtigt waren 9.313 Personen, das ist eine Beteiligung von nur 0,68 % der Berechtigten.

Die Vorlage konstruiert daraus aber die abenteuerliche Unterstellung, dass somit über 99 % der Bevölkerung dem Gemeindeentwicklungskonzept grundsätzlich zustimmen. Das ist echte Realsatire made in der Grafschafter Verwaltung.

Der Gemeinderat hatte keine andere Wahl, als die Satire einstimmig zur Kenntnis zu nehmen.

Punkt 2 des Beschlusses: Eine Nachjustierung, Korrektur der Entwicklungsziele ist nach Auswertung und Gewichtung der eingegangenen Stellungnahmen nicht erforderlich.

Hier wird die Satire, dass 99 % der Bevölkerung keine Stellungnahme abgegeben haben und dass hier folglich eine grundsätzliche Zustimmung zum Gemeindeentwicklungskonzept unterstellt werden dürfe, als Begründung dafür verwendet, dass eine Nachjustierung, Korrektur des integrierten Gemeindeentwicklungskonzeptes unter Berücksichtigung der breiten Zustimmung demnach nicht erforderlich sei.

Klartext: der Wahnsinn, der seit 2017 die Welt total umkrempelt, kann der Grafschaft egal sein. Wir machen weiter so als wäre nix passiert.

Dieser Meinung war die Mehrheit der Gemeinderats-Mitglieder gegen 13 Nein- Stimmen.

Punkt 3 des Beschlusses: Das Gemeindeentwicklungskonzept wird als gesamtörtliches Konzept beschlossen und dient als Richtschnur für die künftige Entwicklung im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB.

Achtung: Laut Aussage der Verwaltung wird das Gemeindeentwicklungskonzept die strategische Ausrichtung der Gemeinde für die nächsten 15 Jahre stark beeinflussen. Was hier beschlossen wird, das hat massive Folgen. Insofern ist dieser Punkt sehr kritisch zu betrachten.

Die SPD-Fraktion hat das mit ihrem Änderungsantrag als Gefahr erkannt und folgende Änderung beantragt: „Der Gemeinderat sieht im vorliegenden Gemeindeentwicklungskonzept eine Ideensammlung und betrachtet es ausdrücklich nicht als Richtschnur für Entscheidungen zur künftigen Entwicklung im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB.“

Hierzu erklärten 13 Gemeinderatsmitglieder ihre Zustimmung, die Mehrheit der Gemeinderatsmitglieder lehnte diesen Änderungsantrag aber ab. Diese Mehrheit stimmte dann auch dem ursprünglichen Beschlussvorschlag der Verwaltung zu. Das bedeutet, dass das Gemeindeentwicklungskonzept in der vorgelegten Version beschlossen wurde.

Darauf basierend droht jetzt in den nächsten Jahren folgendes:

  • zusätzliche Versiegelungsprojekte (Gewerbeansiedlungen und Umgehungsstraßen)
  • Schaffung von mehr Individualverkehr (Umgehungsstraßen)
  • der Bau eines neuen zentralen Nahversorgungszentrums im Innovationspark (ein Widerspruch in sich)
  • eine „Futterneidkampagne“ wegen des Kaufkraftabflusses aus der Grafschaft in angrenzende Kommunen (was ist daran so schrecklich?)
  • ein fortgesetztes Bestreben der Gemeinde nach zusätzlichen Einnahmen
  • ein ökologisches Denkmodell, das den gesellschaftlichen und politischen Wandel der Einstellung zu den Folgen des Klimawandels komplett vernachlässigt.

Die Grafschafter Grünen betrachten dieses Ergebnis aus dem Gemeinderat als Zeichen dafür, dass in der Gemeinde Grafschaft der Klimaschutz und die Folgen des Klimawandels nicht ernst genug genommen werden.

Dass in einer solchen Situation die Einstellung eines Klimaschutzmanagers chancenlos ist, dürfte klar sein. Welcher fähige und motivierte Kandidat würde sich in ein solches Umfeld bewerben. Dazu müssten sich die Mehrheiten im Gemeinderat ändern.

Die Bürgerinnen und Bürger haben bald die Möglichkeit, diese Änderung herbeizuführen. Die Grafschafter Grünen wollen diesen Wandel mit großem Engagement erreichen.

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